Olle Kamelle

Kinder brauchen Taschengeld. Klar. Und Ideen, wie man es aufbessert. Das habe ich als Kind auch gemacht: dicke Sträuße aus Wiesenschaumkraut gepflückt und in der Nachbarschaft verkauft. Da war das Geld für ein giftgrünes Waldmeistereis schnell verdient.

Blöd für die Kinder heute: Wildblumenwiesen sind so rar geworden wie Waldmeistereis, Wiesenschaumkraut steht mancherorts auf der Roten Liste der gefährdeten Arten.

Ein einträgliches Geschäft war auch das Sammeln getrockneter Kuhfladen. Damit düngte meine Mutter die Beete.

Nutzlos für die Kinder heute: Allerorten gibt es Gartencenter, wo sich die Eltern säckeweise mit Düngemitteln eindecken können. Und die Kühe sind weitgehend im Stall verschwunden.

Was nun? Was tun? Am Tag vor Palmsonntag stehen Nachbarskinder vor meiner Tür und bieten mir ihre ollen Kamelle zum Verkauf an. Die Karnevalsausbeute füllte noch einen halben Umzugskarton. Also weg damit, bevor die Ostereier kommen.

Pech für die Kinder: Ich mag kein Tütenpopcorn und esse keine Gummibärchen. Die Kinder offensichtlich auch nicht. Oder, es war einfach zu viel.

Die Geschäftsidee der Kinder finde ich bedingt verwerflich. Überflüssige Weihnachtsgeschenke werden auf Marktplätzen im Internet ja auch zu Geld gemacht. Eher bedrückt mich der Überfluss, der die Geschenke ihrer Einzigartigkeit beraubt. Nach klassischen Kamelle bückt sich heute kaum noch ein Kind, und der moderne Gummibärchenregen ist offensichtlich auch nichts Besonderes mehr.

Dumm gelaufen für mich: Ostereier hätte ich den Kindern gern abgekauft und mir selbst versteckt. Bei mir eiern nämlich schon lange keine Hasen mehr vorbei.

Ich fürchte aber, dass die Kinder ihre Ostergaben erst im Sommer verhökern werden, wenn sie Geld für Eis brauchen. Dann will ich aber keine Ostereier mehr, sondern ebenfalls Eis essen. Am Besten, ich lade die Kinder dazu ein.

2 Gedanken zu „Olle Kamelle

  1. Pingback: Von der Last und Lust im Kamelleregen zu stehen | Textqualität Blog

  2. Liebe Ilse,
    der Text ist wie immer von Dir herrlich frisch und „liebevoll“ frech. Ich habe beim Lesen gegriemelt und geschmunzelt. Manche Kolumne in populären Printmedien kommen da nicht mit, weil sie gähnend langweilig geschrieben sind.
    Ich wünsche Dir schöne Ostertage, und wenn es an der Tür klingelt, könnte es ja auch ein Osterhase sein……
    Ina

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