Grimm`sche Märchen in Tweetlänge neu erzählt. Nicht immer kindertauglich.

Twitter wird mehr und mehr auch zum Tummelplatz für kreative Schreiber, Poeten und Twitteraturisten, die einen scharfzüngigen Geistesblitz oder pointierten Aphorismus, unterhaltsame Kürzestgeschichten oder pfiffige Wortspielereien kunstvoll in 140 Zeichen packen. Mehr Zeichen passen in einen Tweet nicht hinein. Was geschieht, wenn Grimm`sche Märchen auf Twitter Gestalt annehmen, hat auf amüsante Weise der Wettbewerb Tiny Fables gezeigt.

Kirmespferde

Worum es ging: „Ihr glaubt, dass Rotkäppchen es gar nicht bis zur Großmutter geschafft hat? Dass Hänsel und Gretel zwei verfressene kleine Gören waren, die ihre Großmutter für drei goldene Haare eingetauscht haben, weil der Teufel so einsam war und ihnen dafür Lebkuchen bis an ihr Lebensende versprach? Dass es eigentlich nur eine Großmutter für alle Märchenfiguren gab, die irgendwann streikte, weil ja jetzt in Rente und Weltreise usw.? Dann postet das auf Twitter!“

Und bevor ich jetzt verrate, wer die Sieger des Wettbewerbs sind, gibt es hier zunächst Kostproben aus der Märchenerzählkunst meiner Timeline:

 

 

 

Der Fischerjunge und die versunkene Krone

Dies ist mein Beitrag zur Blogparade von Frank Bergmann. 200 Jahre, nachdem die Brüder Grimm den ersten Band ihrer Kinder- und Hausmärchen veröffentlichten, soll diese Erzählform mit vielen, neuen Beiträgen am Leben erhalten werden.

Der Fischerjunge und die versunkene Krone

Es war einmal ein Fischerjunge, der wurde jeden Tag ans Meer zum Fischen geschickt. Doch er brachte es nicht übers Herz, die Fische zu fangen, zu töten und auf dem Markt zu verkaufen. In seiner Familie wurde er deshalb ausgelacht, und man machte ihm Vorwürfe, weil er zum Lebensunterhalt nichts beitrug. So musste sich der Junge damit begnügen, Pilze und Kräuter zu sammeln und vom Obst und Gemüse der Jahreszeiten satt zu werden.

Eines Tages trug es sich zu, dass die Prinzessin des Landes eine Bootsfahrt auf dem Meer machte. Da kam mit einem Mal ein stürmischer Wind auf und fegte die perlenbesetzte Krone der Prinzessin ins Meer. Die Krone war aus schwerem Gold und ging sofort unter.

Die Prinzessin weinte bitterlich und ließ am nächsten Tag im ganzen Land verkünden: „Wer mir die Krone zurückbringt, den werde ich zum Mann nehmen.“

Weiterlesen

Gestank im Hexenhaus

Dies ist mein Beitrag zur Blogparade von Frank Bergmann. 200 Jahre, nachdem die Brüder Grimm den ersten Band ihrer Kinder- und Hausmärchen veröffentlichten, soll diese Erzählform mit vielen, neuen Beiträgen am Leben erhalten werden.

 

Gestank im Hexenhaus

Es war einmal ein Mädchen, das ging gern im Wald spazieren, denn es liebte die Tiere. Es sprach mit ihnen und fütterte sie im Winter, wenn der Boden hart gefroren war und unter dem Schnee kein Grashalm mehr zu finden war und keine Eichel und kein Laub.

Eines Tages entdeckte das Mädchen ein wunderschönes Pferd, das sich mit einem Huf in der Falle eines Wildhüters verfangen hatte, und befreite es. Das Tier schnaubte freundlich, als das Mädchen ihm den Hals und die Ohren kraulte, ließ es aufsitzen und trug es durch den Wald.

Das Pferd aber war verzaubert.

Weiterlesen

Horrormärchen im Garten

Soll ich ihn küssen?

Es hätte nichts mit übersteigerter Tierliebe zu tun. Als Gärtchenbesitzer in Waldnähe habe ich inzwischen ein eher distanziertes Verhältnis zu dem Viehzeug, mit dem ich mein Reich im Grünen teilen muss: mit Schnecken und Schlangen, Mäusen und Molchen, Hornissen und Maulwürfen, streunenden Katzen und desorientierten Kötern.

Dieses Mal ist es anders.

Im Beet sitzt ein Frosch. Ich nehme freundlich Kontakt auf, denn ich bin noch mit klassischen Märchen großgeworden. „Was willst Du denn hier?“, staune ich. „Hier gibt es doch gar keinen Brunnen und goldene Kugeln.“ Der Frosch staunt zurück. Er bleibt sitzen, er hört mir zu, er sieht mich an. Weiterlesen