Timeline für Senioren

Ich liebe mein I-Phone. Und meine Bibliothek samt Schallplattensammlung. Wenn mir jemand lateinverbrämtes Dummdeutsch um die Ohren haut, schnappe ich mir mein Lexikon „Der kleine Stowasser“ und haue zurück. Und die Single aus den 60er Jahren ist immer noch karnevalstauglich: „Wir versaufen unser Oma ihr klein Häuschen.“

Was aber soll ich noch mit der Taschenbuchausgabe „Das Große Fischer Lexikon in Farbe“? Vor jeder Altpapierabfuhr schleiche ich um die 20 Bände von 1976 herum, die mich im selben Jahr ins Studium begleiteten. Der Kopf sagt: „Brauche ich nicht mehr.“ Mein Bauch sagt: „Behalten.“

Es ist doch zeithistorisch interessant, dass es Mitte der 70er Jahre in diesem Lexikon noch keinen Eintrag für „Wahlkampf“ gab und „Neger“ noch die „volkstümliche Bez. für Angehörige dunkelhäutiger Rassen“ war. Warum wird die Erfolgsstory der Hitparade mit Dieter Thomas Heck nicht gewürdigt? Immerhin wurde die Musiksendung des ZDF, die 1969 an den Start ging und von meiner Teenagergeneration angeschmachtet wurde, schon zwei Jahre später mit der Goldenen Kamera ausgezeichnet: in der Kategorie „Beste Sendung für junge Leute“.

Wofür brauche ich eigentlich Platz in den Bücherregalen? Steckdosen für den ganzen Elektronikschrott gibt es da ohnehin nicht.

Rumstöbern macht Spaß, und gleich räume ich die Bücher wieder ein. Da bilden sie ein vertrautes Gesamtensemble mit der Familienbibel und dem Rechtschreibduden von 1961, mit den Sagen des klassischen Altertums und dem Stowasser.

 Meine Bücher sind meine Timeline!

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